Carl Kästner Schlösser für Schließfach

Ich konnte zwei Tresorschlösser für ein Schließfach erwerben. Beide Schlösser sind von der ehemaligen Carl Kästner AG aus Leipzig und stammen aus einer großen Mietfachanlage. Ein Mietfach ist ein Synonym für Schließfach. Das große und das kleine Schloss im Vergleich:

Größenvergleich Schloss für Schließfach
Größenvergleich

Schloss mit Zahlenkombination

Das größere der beiden Schlösser hat neben der Kundenschließung eine Zahlenkombination. Das Schloss ist circa 180mm lang und 80mm hoch. Ich vermute, dass es keine dedizierte Bankschließung gab, sondern der Kunde beide Schließungen bediente. Zuerst mussten die drei Buchstabenrädchen eingestellt werden. Danach konnte der Schlüssel bewegt werden. Der Schlosskasten ist aus Messingguss. Alle weiteren Teile ebenfalls. Der Kasten ist innen rot lackiert.

Carl Kästner Mietfachschloss mit Zahlenkombination
großes Mietfachschloss mit Zahlenkombi (offen)

Mietfachschloss
großes Mietfachschloss von Außen

Zuhaltungen mit Hülse
Schließung mit Hülse

Tourstift
Schloss offen, Tourstift im Gate

Sperrplatte gefallen
Zahlenkombination korrekt, Sperrplatte gefallen

Umstellung aktiviert (Ohne Schlüssel)

Der Riegel ließ sich mit dem passenden Schlüssel nur betätigen, wenn die Zahlenkombination korrekt eingestellt war. Die drei Zahlenrädchen haben an Ihrem Kranz unter der kupfernen Abdeckplatte eine Ausnehmung. Sind alle drei Ausnehmungen auf 0° kann die Sperrplatte einfallen und der Reigelschwanz ist freigegeben. Somit lässt sich das Schloss auch nur in einer Position einbauen. Zum Umstellen wird das Schloss geöffnet und über einen Umstellaktivator wird jeweils ein Pin pro Zahlenrad eingedrückt. Dieser Pin kuppelt das Rad aus und es kann ein neuer Buchstabe eingestellt werden. Der entsprechende Schlüssel fehlt mir aber. Der Manipulationswiderstand ist gering, da sich die korrekte Position erfühlen lässt. Bei einem Mietfach ist das aber vernachlässigbar.

Auch bei diesem Schloss wird eine Schlüsselführung verwendet, die später bei Schlössern aus Pegau verwendet wird. Die diamantförmige Hülse verwirft die sechs Zuhaltungen beim Zuschließen.

kleines Schloss für Schließfach

Das kleine Schloss ist circa 130mm breit und 70mm hoch. Das Schloss hat zwei Schließungen. Die Bankschließung mit vier Zuhaltungen (links) und die Kundenschließung mit sechs Zuhaltungen rechts. Erst musste der Kunde rechts vorschließen. Dies gab das rechte Gate (unten links mit dem spitzen Tourstift) frei und der Tourstift kann mitsamt der obenliegenden Platte eintauchen. Danach schloss der Bankmitarbeiter links vor, sodass der dem Riegel zugeordnete Tourstift in das linke Gate eintauchen kann. Dieser Tourstift ist verzahnt. Der Bankschlüssel lässt sich nach dem Öffnen abziehen.

Bankschließung Schloss für Bankschließfach
Doppelverschluss offen

Zuhaltungen entfernt
Zuhaltungen entnommen. Schieber liegt auf.

Beim Zuschließen genügte es, wenn der Kunde wieder zu schloss. Durch die verbundene Schiene und die diamantförmige Schlüsselführung verwerfen sich beide Schließungen. Der Schieber verwirft beim Zuschließen die Zuhaltungen der linken Schließung, denn es fehlt hier die diamantförmige Schlüsselführung. Der Bankmitarbeiter muss nicht dediziert zuschließen.

verwandte Schlösser

Carl Kästner fertigte auch Schlösser für andere Manufakturen und labelte diese dann mit Ihrem Namen (z.B. Chemnitzer Bankverein oder hier A. Th. Faerber):

Anton Th. Färber Zeitz Tresorschloss
A. Th. Faerber Zeitz

Im Aufbau unterschieden sich die Schlösser leicht.

Mietfachschlösser von innen, man beachte die Form der Tourstifte, die Abdeckscheibe und die Verzierungen. Unten: Carl Kästner

Das Gebrauchsmuster DRGM 172587

Das entsprechende Gebrauchsmuster konnte ich online nicht finden. Der Grund:

Leider ist es nicht möglich, online eine vollständige Gebrauchsmusterschrift inkl. Zeichnungen abzurufen, die vor 1937 veröffentlicht wurde (hier sind lediglich die Informationen aus dem Anhang intern recherchierbar). Eine Online-Recherche solcher Dokumente ist erst ab 1950 möglich.

Dankenswerterweise hat mir das DPMA trotzdem den Auszug aus dem Reichsanzeiger vom 23.04.1902 zukommen lassen. In dem heißt es:

68a – 172587: Federloses auf Zwang arbeitendes Doppelschloß mit auf dem Riegel zu bewegendem Schieber mit Sicherheitsstift. Carl Kästner, Act.-Ges., Leipzig. 2/1 02.-R. 15674

Reichsanzeiger Carl Kästner Mietfachschloss
Auszug Reichsanzeiger

Ich denke, dass Sich dieses Gebrauchsmuster auf das kleinere Schloss bezieht und das Verhalten der Schiene zum Inhalt hat. Der „Sicherheitsstift“ ist vermutlich der spitze Tourstift.

Die Tresoranlage

Die Schlösser stammen aus einer Mietfachanlage ähnlich der Folgenden – die hier gezeigte Wand steht in den Verkaufsräumen der „Deutsche Werkstätten“ in Leipzig:

Tresorwand
Schließfachwand mit großem und kleinem Schloss

Carl Kästner Schließfach
großes Fach für Zahlenschloss

Carl Kästner Tresoranlage
Mietfach mit zwei Türen und Tresorboxen

Carl Kästner Leipzig

Dieser Beitrag ist Teil einer ganzen Serie über die ehemalige Carl Kästner AG aus Leipzig. Mehr Artikel finden Sie in der Übersichtsseite.

Trivia

Die Form der Hülse und die Art, wie der Schlüssel die Riegel antreibt, wurde später auch bei der Pegauer Bombe verwandt.

Darüber hinaus werde ich die passenden Schlüssel nachfertigen oder nachfertigen lassen. Diese Schlüssel werde ich dann hier nachreichen.

Moderne Bankschließfächer lassen sich bei Ihrer Hausbank anmieten, daheim empfiehlt sich ein Tresor. Gerne auch aus der Tresorauswahl.


Links zum Thema

Tresorschloss M aus der DDR „Pegauer Bombe“

https://www.dpma.de/

Herstellung der passenden Schlüssel mit Mr. Q: koksa-Forum

Die Mietfachwand im Kontext (deutsche Werkstätten in Leipzig)


UPDATE:

Dank eines lieben Kollegen hat das Schloss nun auch maschinengeschnittene Schlüssel. Danke Oli 🙂

Carl Kästner
Bank- und Kundenschlüssel

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